Schießen Sie auf den Weinhändler

Pelletier, Chantal

 

 

Mordmotiv: kulinarische Gründe? Klar, das gibt es, zumindest in der Kriminalliteratur, so zum Beispiel in dem Roman «Schießen Sie auf den Weinhändler» von Chantal Pelletier, der so beginnt: «Die Sellerie-Remoulade war widerlich und meine Frau eine zu schlechte Köchin, ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich habe geschossen. Sie fiel auf der Stelle um, ohne zu schreien, ihre Augen haben sich nur ein wenig geweitet, nach der Art ‹Was ist denn mit dir los? ›»
Der da erzählt ist ein miesepetriger, ekelhafter alter Sack; ein Winzer, der nebenbei auch Essig produziert, was die Beseitigung des Körpers der Frau, die ihm schon lange auf die Nerven ging, erleichtert. Und der nur eines hat, was ihn neben der Arbeit am Leben hält: das Essen. Ohne seine Gattin - offiziell ist sie nach Ruanda gereist, um da den Armen zu helfen – behilft er sich mit Restaurantküche hier und da und dort, was ganz in Ordnung ist, aber kulinarisch nicht befriedigend. Gut, dass der Mann eines Tages in der Kreisstadt eine heruntergekommene junge Frau trifft, die mit Kennermiene Sellerie-Remoulade verspeist. Er stellt die Genießerin als Köchin ein – nicht ahnend, dass sie außer Kochtalent auch eine ganz eigene Geschichte mitbringt ... und dass sie noch viel ekelhafter sein kann als er.
Chantal Pelletier ist, wenn auch hierzulande kaum bekannt, eine der besten Autorinnen der europäischen Kriminalliteratur, schon allein deswegen ist die Veröffentlichung dieser kurzen, knackigen Geschichte ein Genuss. Pelletier erzählt erst aus seiner, dann aus ihrer Perspektive – und macht aus dem scheinbar beschaulichen Landhausmord schnell eine klasse, düstere, schwarze, schnelle, böse Geschichte. Genial!
Ein typischer Noir französischer Machart, eben. Dass «Schießen Sie auf den Weinhändler» auf Deutsch erscheinen kann, ist dem kleinen Distel Literatur Verlag aus Heilbronn zu verdanken, dessen Macher unverdrossen immer wieder französische Krimi(hoch)kultur nach Deutschland bringen, obwohl sie hierzulande damit viel zu oft auf taube Ohren stoßen.
Bis auf weiteres ist jedenfalls für Nachschub gesorgt: «Schießen Sie auf den Weinhändler» ist eine Geschichte aus der Reihe «Suite Noire», die der französische Krimistar Jean-Bernard Pouy herausgibt. Fünf Titel sind bereits erschienen, weitere sollen folgen. Und ab März werden bei arte die ersten Verfilmungen zu sehen sein.

Ulrich Noller, WDR Funkhaus Europa

 

Der Distel-Verlag legt unter dem Obertitel «Suite Noire» eine neue Reihe französischer Kurzkrimis – keiner länger als hundert großbedruckte Seiten – vor, eine Hommage an die legendäre Série Noire, die seit 1945 bei Gallimard in Paris erscheint. Vorgaben der Reihe: die Autoren müssen in der Série Noire veröffentlicht haben, und ihre neuen Romane spielen mit den Ideen alter Noir-Klassiker.
Das Highlight der ersten Lieferung ist eindeutig Chantal Pelletiers schriller Lesbenkracher «Schießen Sie auf den Weinhändler», ein etwas anderer, blutrünstiger Gourmet- Krimi, der alle Suppen-, Fleisch-, Gemüse- und sonstigen ach so lebensfreudig daherkommenden Küchenthriller mitsamt dem Silberbesteck vom Tisch fegt.
Die beiden lesbischen Früchtchen schrecken vor nichts zurück, und auch der mürrische Weinhändler, der gleich zu Anfang seine Frau umnietet, weil sie so schlecht kocht, kriegt schließlich sein Fett weg.
Chantal Pelletier jongliert meisterlich mit den Noir-Versatzstücken Sex, Gewalt, Geschwindigkeit und laxer Umgang mit dem Leben anderer, und ist sprachlich nah am Puls der Zeit. Die 90 Seiten zwischen den Sätzen «Die Sellerie-Remoulade war widerlich» und «Auf geht’s, Jugend!» liest man in zwei Stunden weg, hat dann allerdings nicht unbedingt großen Appetit. Vielleicht endlich der kleine Roman zur großen Diät?

Günther Grosser, Berliner Zeitung

 

«Die Sellerie-Remoulade war widerlich und meine Frau wirklich eine zu schlechte Köchin, ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich habe geschossen.» So knapp und drastisch eröffnet Pelletier ihren Krimi um einen französischen Weinhändler und Gourmet, der die Leiche seiner Frau kurzerhand in einem Essigfass endlagert, um sich sodann nach einer besseren Köchin umzusehen. Die findet er bald in Gestalt der jungen wortkargen Aline, die ihn fortan mit erlesenen Speisen verwöhnt, wenngleich sie manchmal nicht richtig spurt und ein wenig «Drill» nötig hat. Was Monsieur jedoch nicht ahnt: Auch Aline hat eine dunkle Vergangenheit und so kommt es zum blutigen Showdown. Der zweite schmale Band der neuen Reihe bei Distel ist ein rabenschwarzer, lakonisch aus zwei Perspektiven erzählter Krimi, in dem das Blut ebenso reichlich wie der Rotwein fließt. Als [...] Leckerbissen für Hardboiled-Fans wärmstens empfohlen.

Uschi Licht, EKZ 



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